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Rosemarie-
Kilian-
Park

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Eintrag zum Rosemarie-Kilian-Park im Kieler Straßenlexikon von Hans - G. Hilscher (wörtlich übernommen):

 

Rosemarie-Kilian-Park (Damperhof)

2016 

Name in Ratsversammlung festgelegt 

RaV 17.11.2016 (Sba. XL/1)

Karree Knooper Weg/Teichstraße/Lehmberg/Mittelstraße

Rosemarie Kilian (02.09.1919-31.01.2014) war fast 40 Jahre Schauspielerin am Kieler Theater. Sie kam 1969 nach Kiel, wo sie 1999 zur Kammerschauspielerin ernannt wurde. 2011 wurde sie mit dem Verdienstorden des Landes Schleswig-Holstein ausgezeichnet.

Ein positives Beispiel ist der noch recht junge Rosemarie-Kilian-Park, der zwischen Knooper Weg, Teichstraße, Lehmberg und Mittelstraße im Stadtteil Damperhof liegt. Der Name wurde im Februar 2014, kurz nach Rosemarie Kilians Tod, vom amtierenden Bürgermeister Ulf Kämpfer vorgeschlagen und 2016 festgelegt. 

Bei der Benennung des Parks nach Rosemarie-Kilian steht die Leistung der Person im Vordergrund. Rosemarie Kilian war Schauspielerin, fast 40 Jahre davon in Kiel.

Geboren wurde sie am 02.06.1919 in Landsberg an der Warthe (heutiges Polen). Die Schauspielerei durchzog ihr ganzes Leben. Nach einer privaten Schauspielausbildung in Bremen 1935 versuchte sie eine Ausbildung an der Hamburger Schauspielschule zu beginnen, bestand die Prüfung jedoch zweimal nicht. Als mögliche Gründen wird genannt, dass weder ihr Vater noch ihr damaliger Schauspiellehrer Mitglieder der NSDAP waren. Dass sie in Zeiten des Nationalsozialismus und des zweiten Weltkriegs aufgewachsen ist, soll noch öfter eine Rolle spielen: Eine zugesagte Nebenrolle in „Jud Süß“ wurde ihr wegen ihres Aussehens doch verwehrt, da sie dunkle Haare und dunkle Augen hat. Dem Beitritt zum BDM, zum Reichsarbeitsdienst und der Einberufung als Flakhelferin entging sie jeweils, trat aber bei vielen Truppenbetreuungs-Tourneen auf, unter anderem als Programmansagerin in Frankreich und Holland. Bei einer Norwegentournee sammelte sie erste Rundfunkerfahrungen als freisprechende Ansagerin. Ein Novum, war dies bisher eine Männerdomäne.
Sie hatte Anstellungen in Darmstadt, Heidelberg, Karlsruhe, Gelsenkirchen, Bonn und Freiburg, bevor sie 1969 nach Kiel kam. Zwischendurch war ihr Leben aber immer wieder durch Arbeitslosigkeit und Armut geprägt. Durch diese Unsicherheiten konnte sie ihren 1945 geborenen Sohn lange Zeit nicht sehen. Auch musste sie hochschwanger auf der Bühne stehen, da es bis zu dem Zeitpunkt kein Mutterschutzgesetz für Theaterschaffende gab. Mit Erfolg setzte sie sich dafür ein, dass ein solches Gesetz verabschiedet wurde. 

In Kiel fühlte sich Rosemarie Kilian angekommen und engagierte sich am Theater und in der Stadtpolitik: sie mischte sich ein, machte auf Missstände aufmerksam, sie setzte sich für eine menschliche Gestaltung der Stadt und die Existenzsicherung des Theaters sowie die Aufwertung des philharmonischen Orchesters ein. 2004 wurde auf ihre Initiative das Kieler Theatermuseum gegründet. Für ihre Veridenste erhielt sie 2011 den Verdienstorden des Landes Schleswig-Holstein. Bereits 1999 wurde sie zudem als Kammerschauspielerin ernannt.

Ulf Kämpfer konnte Rosemarie Kilian nur als Namen für den Park vorschlagen, weil sie einige Tage zuvor gestorben war, denn die Regelung für die Benennung von Straßen nach Personen besagt, dass die Person tot sein muss. Eine Frist, wie lange mit der Benennung gewartet werden muss, gibt es jedoch nicht. 

Bei Straßen, die nach Personen benannt werden sollen, ist das Verfahren etwas anders und aufwendiger, als bei Straßen, die beispielsweise nach Flurnamen benannt sind. Für diesen „Sonderfall“ gibt es eine Kommission für historische Stadtmarkierungen. Diese Kommission nimmt Vorschläge u.a. vom Bau- und vom Kulturausschuss entgegen, aber auch Bürger*innen können ein Formular ausfüllen und so einen Namen vorschlagen. Anhand eines städtischen Kriterienkatalogs werden die Vorschläge geprüft und die Kommission legt dem Bau- und dem Kulturausschuss dann eine Beschlussvorlage vor, auf Basis derer die Ausschüsse dann zunächst eine vorläufige Entscheidung treffen. Die endgültige Entscheidung trifft die Ratsversammlung. 

In der Kommission sitzen Vertreter*innen u.a. aus dem Amt für Kultur und Weiterbildung, dem Stadtarchiv und des Pressereferats. Als beratende Stimmen können zusätzlich Personen aus dem Beirat für Menschen mit Behinderung, dem Beirat für Senior*innen, dem Forum für Migrantinnen und Migranten und dem Kinder- und Jugendbeirat eingeladen werden. Soll eine Straße nach einer Person benannt werden, sind zudem die Angehörigen der Person anzuhören (sofern dies mit überschaubarem Aufwand möglich ist). 

 

Mit einer Straße geehrt werden kann, wer sich in besonderem Maße für das Wohl der Kieler Bürgerinnen oder die Landeshauptstadt Kiel eingesetzt hat, wer eine außergewöhnliche Vorbildfunktion erfüllt, sich durch ein hohes demokratisches und uneigennütziges Engagement auszeichnet oder wer überragende Leistungen/Verdienste in den Bereichen Kultur, Kunst, Politik, Soziologie, Sport oder Wissenschaft errungen hat. 

Bezüglich der Benennung von Straßen nach Frauen gibt es folgenden Zusatz in den Grundsätzen und Verfahren bei Straßenbenennungen und Historischen Stadtmarkierungen in Kiel: „Frauen und Betroffene von Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit sind verstärkt zu würdigen, solange sie bei Historischen Stadtmarkierungen unterrepräsentiert sind. Bei der Prüfung eines Antrags ist zu berücksichtigen, dass ihr Zugang zu verantwortungsvollen Positionen wegen ihres Geschlechts oder ihrer Zugehörigkeit zu einer von Diskriminierung betroffenen Gruppe eingeschränkt gewesen sein kann.“1

Eine eindeutige Vorschrift, bis wann wie viele Straßen nach Frauen benannt werden sollen, bis diese nicht mehr unterrepräsentiert sind, gibt es leider nicht. 

2021 hat der deutsche Städtetag eine Handreichung zur Aufstellung eines Kriterienkatalogs zur Straßenbenennung herausgegeben. Dabei steht eine veränderte Wertediskussion im Fokus. Auch hier gibt es einen Absatz zu der Benennung von Straßen nach Frauen: 

 

Nr.: 3.4.3

Kriterium: Frauennamen

Textvorschlag: Es sollten Aussagen zur Priorisierung von Frauennamen getroffen werden.

Erläuterung: Insbesondere um dem Anliegen nach der Benennung von Frauen gerecht zu werden, sollte der Vorname mit im Straßennamen aufgenommen werden. Dies kann mit der Forderung nach kurzen Straßennamen kollidieren.2

Auch hier gibt es leider keine konkreten Anweisungen oder Empfehlungen, in welchem Umfang und zeitlichem Rahmen Straßenbenennungen nach Frauen erfolgen sollen. 

Bei der Beratung über über Straßennamen werden also einige Gremien einbezogen: 

Die Kommission für historische Stadtmarkierungen, der Bauausschuss und der Kulturausschuss. Die Entscheidung trifft letztendlich die Ratsversammlung. In all diesen Gremien sitzen Menschen, die darüber diskutieren, wem eine Straße gewidmet wird. Auch in der Ratsversammlung sitzen Menschen, die die finale Entscheidung treffen, ob eine Straße den vorgeschlagenen Namen bekommt. 

Wer aber sind diese Menschen?

Die Kommission für historische Stadtmarkierungen setzt sich, wie bereits erläutert, aus Vertreter*innen verschiedener Institutionen zusammen, u.a. dem Amt für Kultur und Weiterbildung. Dieses Amt übernimmt ab März 2022 Johanna Göb. Die Leitung der Kommission für historische Stadtmarkierung liegt bei Christine Weißhuhn. 

Diese zwei Leitungspositionen werden erfreulicherweise durch weiblich Personen besetzt.

Auch der Vorsitz des Bauausschusses ist durch eine weiblich gelesene Person besetzt, ebenso wie deren Stellvertretung. Jedoch ist in diesem Fall zu erwähnen, dass die Verteilung der Mitglieder sehr ungleich ist (10 weiblich gelesene Personen, 33 männliche gelesen Personen).

Beim Kulturausschuss ist der Vorsitz männlich und auch dessen Stellvertretung. Auch in diesem Ausschuss ist die Verteilung der Mitglieder ungleich, wenn auch der Unterschied geringer ist (20 weiblich gelesene Personen, 25 männlich gelesene Personen). 

Die finale Entscheidung, ob eine Straße nach einer bestimmten Person benannt wird, liegt bei der Ratsversammlung. Diese setzt sich aus 59 Mitgliedern aus verschiedenen Fraktionen zusammen. Von diesen 59 Mitgliedern sind 23 weiblich und 34 männlich gelesen. Der Vorsitz der Ratsversammlung liegt beim Stadtpräsidenten Hans-Werner Tovar. Sein Stellvertreter ist ebenso männlich gelesen, erst die zweite Stellvertretung ist weiblich gelesen. 

Die Gremien, die Namensvorschläge einbringen und diskutieren haben einen, man möchte fast erstaunlich sagen, hohen Anteil an weiblich gelesenen Personen in Leitungs-/Vorsitzfunktion. Jedoch ist zu hinterfragen, wie viel Einfluss diese Funktion wirklich hat, vor allem in Anbetracht der dominierenden Anzahl an Männern bei den Mitgliedern der Ausschüsse. Mindestens kritisch zu hinterfragen ist die männliche Dominanz bei dem entscheidungstragenden Gremium der Ratsversammlung. 

Es zeigt sich hier deutlich das Missverhältnis von weiblich und männlich gelesenen Personen in der Stadtverwaltung (über FLINTA*-Personen lässt sich hier keine Aussage treffen). 

 

FLINTA*-Personen wird of keine politische Kompetenz zugesprochen. Das zeigte sich besonders bei der Bundestagswahl 2021 mit der Kanzlerinnen-Kandidatur von Annalena Baerbock und ihrer jetzigen Position als Außenministerin. FLINTA*-Personen seien für Führungsaufgaben nicht geeignet bzw. ihnen nicht gewachsen. Solche Aussagen lesen und hören sich häufig. Es ist daher nicht verwunderlich, dass viele FLINTA*-Personen sich nicht an diese Positionen wagen, weil sie die Meinung anderer verinnerlicht haben und dadurch an ihren Fähigkeiten zweifeln. 

Auch am Beispiel der Kategorie „Politik / Regionalbezug“ bei den Straßenbezeichnungen nach Personen wird das Ungleichgewicht besonders deutlich: 65 Namen lassen sich auf Männer zurückführen, nur 2 auf Frauen. 

 

1 Landeshauptstadt Kiel, Amt für Bauordnung, Vermessung und Geoinformationen, Amt für Kultur und Weiterbildung: Grundsätze und Verfahren bei Straßenbenennungen und Historischen Stadtmarkierungen in Kiel, 2019, S. 7.

2 Deutscher Städtetag (Hrsg.), Fachkommission Vermessung, Geoinformationen und Bodenordnung, Koneberg, Sigrid et al.: Straßennamen im Fokus einer veränderten Wertediskussion, Handreichung des deutschen Städtetages zur Aufstellung eines Kriterienkataloges zur Straßenbenennung, Berlin, Köln, 2021, S. 20.

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