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Annenstraße

Auszug des Eintrags zur Annenstraße im Kieler Straßenlexikon von Hans - G. Hilscher (wörtlich übernommen):

 

Annenstraße (Brunswik)

1869 

Name durch städt. Koll. festgelegt

StC.04.061869/16(StA. II/9) 

Straße über die Harder’sche Koppel

1872 

Verlängerung der Annenstraße von Holtenauer Straße nach dem „Langen Segen“ wird auch mit „Annenstraße“ bezeichnet 

StC.20.09.1872/11(StA. 7004. 1)

1937 

Teil Knooper Weg - Hansastr. wird „Saldernstraße“ 

PKK.08.04.1937  (Sba. XII/ 1) 

Nach der Besitzerin der Koppel und Auslegerin der Straße Frl. Anna Harder benannt.

Über die Namensgeberin dieser Straße ist leider wenig bekannt. Interessant ist jedoch allemal, dass sie nicht nur Namensgeberin, sondern auch Auslegerin der Straße war, da ihr dort eine Koppel gehörte. 

Straßen, die nach Unternehmen benannt sind, sind nur in Ausnahmefällen zulässig. Straßen jedoch, die nach Personen benannt sind, die Wirtschaftliches geleistet haben, sind erlaubt. So lassen sich 38 Straßen, die nach Männern benannt sind, in die Kategorie „Unternehmen/Besitz“ einordnen. Dem gegenüber steht eine Straße bei den Frauen: die Annenstraße. Personen eine Straße zu widmen, weil diese bspw. ein Unternehmen (mit)gegründet haben lässt sich auf Grund obiger Unternehmensregelung durchaus hinterfragen. 

Wie schon bei den vorigen Straßen wird auch bei dieser Straße die Benachteiligung der Frauen deutlich. Nicht nur bei der Benennung der Straßen, aber vor allem auch in bestimmten Lebensbereichen wie der Wirtschaft sind Frauen deutlich unterrepräsentiert. Nur eine Frau wird in dieser Kategorie geehrt, also nur eine Frau scheint wirtschaftlich etwas geleistet zu haben, dass sie dafür eine Straßenbenennung verdient hat. Vergessen werden dabei u.a. Margarete Steiff (Gründerin der Spielwarenfabrik „Steiff“), Beate Uhse (Gründerin des ersten Sexshops der Welt in Flensburg) und Melitta Bentz (Erfinderin des Kaffeefilters und Gründerin der Melitta Unternehmensgruppe Bentz KG). 

Auch bei dieser Kategorie zeigt sich die Problematik der Zugänglichkeit. Frauen wurde (und wird teilweise noch) lange Zeit der Zugang zu einer Ausbildung verwehrt oder erschwert. Eine musikalische Ausbildung diente zum Beispiel nur der Überbrückung der Zeit bis zur Ehe und damit die Frau ein gutes Haus repräsentieren kann. Sie diente nicht dazu, die Interessen der Frau zu verwirklichen. Ist die Verteilung von männlichen und weiblichen Studierenden im Wintersemester 2021/2022 fast gleichwertig mit einer geringen Mehrzahl von Studentinnen (50,2%), ist die Anzahl an Absolvierenden bei den Studentinnen geringer. Spannend ist auch der Vergleich der Studierenden und der Berufstätigen in einem Fachbereich. Es gibt beispielsweise mittlerweile mehr Studentinnen im Bereich Architektur, in Architekturbüros sind sie aber immer noch in der deutlichen Unterzahl. Insbesondere in den Führungspositionen, denn die 20 wichtigsten Architekturbüros in Deutschland werden alle von Männern geleitet. Grund hierfür sind stereotypische Geschlechterzuschreibungen, die Frauen absprechen, technische und statische Aufgaben übernehmen zu können. Im Berufsfeld wird zudem früher oder später die Familienplanung zum Thema. Ein Ausfall der Frau durch Schwangerschaft wird bereits in der Bewerbungsphase thematisiert und als Kriterium bei der Entscheidung berücksichtigt. Dass Familienplanung ein privates und kein berufliches Thema ist, sei hier nur am Rande erwähnt. Auch die Gender-Pay-Gap soll hier nicht näher erläutert werden. 

An diesem Beispiel wird doch aber sehr gut deutlich, wie Straßennamen auf das patriarchale System hinweisen, in dem wir noch immer leben und unter dem vor allem FLINTA*-Personen leiden.

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